Eine vergessene historische Sammlung in einer Handschrift aus dem 16. Jh. des Staatsarchivs in Breslau (Sign. 82/28/0/1/6)

Abstract

Der Artikel beschreibt eine vergessene Sammlung historischer Quellen überliefert in einem handschriftlichen Kodex aus dem 16. Jh., aus dem Staatsarchiv in Wrocław (Breslau), Sign. 82/28/0/1/6. Dargestellt wurden die Geschichte und der Aufbau der Handschrift, die darin erfassten Werke identifiziert, aus den Bereichen der Geschichtsschreibung, der Diplomatik, u. a. Festgestellt wurde, dass der Kodex durch die Zusammensetzung von 13 Papierbögen erstanden ist. Diese waren zeitgleich vorbereitet worden (wahrscheinlich zweites Viertel 16. Jh.), doch anfangs funktionierten sie separat. Auf diesen separaten Bögen waren Quellen niedergeschrieben worden, am ehesten (zweites und drittes Viertel 16. Jh.) Jahrbücher und Kataloge der Herrscher und Breslauer Bischöfe, Kopien von Dokumenten und Briefen, die Beschreibung (Szenario) der Krönung von Ferdinand I. Habsburg und Anna Jagiello, dann (Ende 16. Jh.) der Katalog Breslauer Bischöfe von Jan Długosz und Briefe Breslauer Geistlicher an Andreas und Simon Hanniwaldt, aus dem Jahr 1588. Vielleicht wurde damals ein erster Einband des Kodexes erstellt. Als letzte wurden eine Liste der Herrscher aus der Piastendynastie und eine Beschreibung des Krönungszuges von Michael Korybut Wiśniowiecki reingesetzt. Da keine Eigentümer notiert sind, ist eine Bestimmung von Urhebern oder Inhabern des Kodexes (oder der Bögen) nicht möglich. Vieles deutet darauf hin, dass der älteste Teil in Breslau entstanden ist und das Ganze in Elitekreisen der Habsburger Monarchie funktionierte. Ermittelt wurden Eigentümer des Kodexes seit Anfang 18. Jh.: Bibliothek der Elisabethkirche in Breslau (mind. seit 1722), Stadtbibliothek Breslau (seit 1866), Stadtarchiv Breslau (mind. seit 1894–1895), seit 1945 Staatsarchiv (bis 1983: Woiwodschaftsarchiv) Breslau. Die Handschrift ist für textologische und tegumentologische Forschungen von Bedeutung, sowie für die Editionsgeschichte historischer Quellen. Sie ist ebenfalls eine wichtige Quelle zur Erforschung wie sich Menschen im Schlesien des 16. und 17. Jh. für Geschichte interessierten.